Insgesamt wurde die Minensicherheit in China in den letzten Jahren weiter erhöht und verbessert. Nach Angaben der National Mine Safety Administration sank die Sterblichkeitsrate pro Million Tonne Kohle im Jahr 2020 auf 0,058, was einem Rückgang von 64 Prozent gegenüber 2015 entspricht. Im Jahr 2020 gab es 434 Minenunfälle, 19 Prozent weniger als im Vorjahr. Im April 2020 veröffentlichte der Staatsrat einen “Drei-Jahres-Aktionsplan für die nationale Sicherheits-Sonderbereinigung”, der neue Ziele für den Bergbausektor aufzeigt: Kohle- und Nichtkohlebergwerke, die die Anforderungen an eine sichere Produktion nicht erfüllen, sollen geschlossen werden, die Zahl der Kohlebergwerke soll auf etwa 4.000 reduziert werden und mehr als 4.000 Nichtkohlebergwerke sollen bis Ende 2022 stillgelegt werden. Zahlreiche Zwischenfälle im ersten Halbjahr 2021 – die Explosion in der Hushan-Goldmine in der Provinz Shandong, der Kohle- und Gasausbruch in der Provinz Guizhou und die Überschwemmung in der Dahongcai-Eisenmine in der Provinz Shanxi – lösten ebenfalls große Besorgnis aus und führten zu neuen Maßnahmen der lokalen Behörden: So führt die Provinz Shandong bis Ende 2021 eine Sicherheitsinspektion für alle Untertagebergwerke, die keine Kohle fördern, durch. Die Provinz Shanxi ordnete eine dringende Aussetzung und Inspektion für alle Nicht-Kohle-Untertagebergwerke an.

Vor diesem Hintergrund lud die German Industry & Commerce China Beijing (AHK Beijing) am 26. August 2021 mehr als 30 Teilnehmer aus Behörden und Unternehmen, sowie weitere Akteure zu einer Informationsveranstaltung über Entwicklungen und Maßnahmen zur Bergbausicherheit in China ein. Die Veranstaltung wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) unterstützt und fand im Rahmen des im Januar 2021 gegründeten Kompetenzzentrums für Bergbau und mineralische Rohstoffe der AHK Beijing statt. Zwei ausgewählte Experten wurden eingeladen, um Einblicke in den aktuellen Stand der Minensicherheit in China zu geben und Möglichkeiten der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit zu diskutieren.

Nach einer kurzen Einführung durch Bernhard Felizeter von der AHK Beijing hielt Professor Sun Enji vom Institute of Mine Safety Technology der China Academy of Safety Science and Technology einen Vortrag über den aktuellen Stand und die Perspektiven fortschrittlicher Technologien für die Sicherheit von Nicht-Kohlebergwerken in China. Nach einem allgemeinen Überblick über die wichtigsten Vorkommen und Bergbaustandorte in China wurde die Entwicklung der Unfälle und Todesfälle in chinesischen Nichtkohlebergwerken seit der Jahrtausendwende erläutert. Während die Zahl der Nicht-Kohlebergwerke in diesem Zeitraum um über 50 Prozent zurückgegangen ist, sind die Zahl der Unfälle und damit auch die Zahl der Todesopfer um 62 bzw. 68 Prozent gesunken. Professor Sun fuhr fort, indem er mehrere Beispiele für typische Unfälle im Nicht-Kohlebergbau aufzeigte. Die häufigsten Ereignisse waren Überflutungen und Brände in Minen, Einstürze von Minen und explosive Freisetzung von Gasen oder Flüssigkeiten. In fast allen Beispielen spielten illegale Bergbauaktivitäten eine Rolle bei der Verursachung der Unfälle. In den letzten Jahrzehnten hat die chinesische Regierung mehrere Maßnahmen ergriffen, um die Zahl der Unfälle weiter zu verringern. Nach Angaben von Professor Sun erreichte die Zahl der Todesopfer in Chinas Nicht-Kohlebergwerken im Jahr 2002 einen Höchststand von 140.000. Im selben Jahr trat das “Gesetz der Volksrepublik China zur Arbeitssicherheit” in Kraft. Seitdem ist die Zahl der Todesopfer in Nicht-Kohlebergwerken stetig zurückgegangen. Im September 2021 trat die dritte überarbeitete Fassung des Arbeitsschutzgesetzes in Kraft. Sie enthält unter anderem eine genauere Definition der Verantwortlichkeiten vor Ort, eine Ausweitung der Präventionsmaßnahmen und höhere Strafen für illegale Aktivitäten. Anschließend stellte Professor Sun verschiedene Techniken zur Verbesserung der Sicherheitsbedingungen in Nicht-Kohlebergwerken vor. Ein zentrales Instrument ist dabei ein umfassendes Überwachungssystem. Solche Systeme können Sensoren zur Überwachung von Gesteinsdruck, Bewegung oder Vibration, unterirdische Wasserströme oder digitale Kanäle zur Überwachung und Kommunikation mit den Minenarbeitern umfassen. 5G-Technologien können auch für die Sicherheit im Bergbau eingesetzt werden. Bagger, Bergbauroboter oder Tunnelbohrmaschinen können beispielsweise aus der Ferne bedient werden, so dass das Betriebspersonal in sicherer Entfernung bleibt und sich keinen Gefahren aussetzt. Abschließend erläuterte Professor Sun eine Big-Data-Plattform für den landesweiten Austausch und die Sammlung von Daten über die Sicherheit im Bergbau in China.

Als zweiter Redner gab Professor Huang Zhian von der School of Civil and Resource Engineering der University of Science and Technology Beijing wertvolle Einblicke in den Stand der Sicherheit in Kohlebergwerken in China, wobei der Schwerpunkt auf der Verhinderung und Kontrolle der spontanen Verbrennung von Kohle lag. Nach einer allgemeinen Einführung – die Zahl der Todesopfer in Kohlebergwerken ist in den letzten Jahren ebenfalls zurückgegangen – analysierte Professor Huang einige Beispiele von Unfällen in Kohlebergwerken aus den letzten Jahren. Zu den häufigsten Ursachen für solche Unfälle gehörten ein geringes Sicherheitsbewusstsein, ein schlechtes Sicherheitsmanagement, mangelnde Erfahrung im Umgang mit Notfällen, häufige Verstöße gegen Gesetze und Vorschriften, fehlende Präventivmaßnahmen und eine geringe Sicherheitsüberwachung. Trotz des positiven Trends bei den Unfällen mit Todesfolge bietet die Sicherheitssituation in Chinas Kohlebergwerken also noch Raum für weitere Verbesserungen. Vor diesem Hintergrund wies Professor Huang auf die Chancen hin, die sich aus dieser Situation ergeben. So können beispielsweise neue Technologien eingesetzt werden, um Prozesse weiter zu automatisieren, Bergbaupersonal zu ersetzen und das Sicherheitsumfeld zu verbessern. Anschließend widmete sich Professor Huang dem Thema der Selbstentzündung von Kohle. Die spontane Verbrennung von Kohle ist den Forschern seit langem ein Rätsel. Nach einem kurzen Blick in die Vergangenheit – erst in den 1940er Jahren fanden sowjetische Forscher die Ursache in der Reaktion zwischen Sauerstoff und Kohle – stellte Professor Huang eine Reihe von Vorbeugungs- und Eindämmungsmaßnahmen vor. Was die Vorbeugung anbelangt, so hat sich gezeigt, dass die Verringerung der Luftströme in den Bergwerken die Ausbreitungsgeschwindigkeit von Bränden in den Bergwerken erheblich verringert. Wenn die Selbstentzündung bereits im Gange ist, können verschiedene Stoffe in das Bergwerk geleitet werden, um das Feuer zu löschen. Dazu gehören zum Beispiel Stickstoff oder Kohlendioxid, spezielle Gele, Löschschaum oder Schlammgemische. Jedes der von Professor Huang vorgestellten Materialien hat Vor- und Nachteile bei der Eindämmung einer spontanen Kohleverbrennung und kann je nach den Umständen eingesetzt werden.

In der abschließenden Fragerunde hatten die Teilnehmer – sowohl vor Ort als auch online – die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Auf die Frage, inwieweit ausländische Unternehmen zur Verbesserung der Minensicherheit in China beitragen können, verwies Professor Sun auf den großen und wachsenden Markt in diesem Bereich und die damit verbundenen Möglichkeiten für ausländische Anbieter von Lösungen. Als Beispiel nannte er die Ausrüstung, die von Rettungsteams in Kohlebergwerken verwendet wird. Hier sind bereits importierte Technologien aus Europa oder Australien im Einsatz. Um den relevanten chinesischen Entscheidungsträgern dieses Sektors geeignete Lösungen zu präsentieren, empfahl Professor Sun die Teilnahme an regelmäßigen branchenspezifischen Treffen und Messen in China.

© German Industry & Commerce Greater China (2021): https://china.ahk.de/de/services/bergbau-rohstoffe