Trotz stagnierender Fördermengen bescheren die stark gestiegenen Ölpreise Angola einen Aufschwung. Der notwendige Umbau der Wirtschaft kommt unterdessen nur langsam voran.
Von Marcus Knupp | Berlin
Wirtschaftsentwicklung: Rückkehr auf den Wachstumspfad

Sowohl für das laufende Jahr 2022 als auch für die folgenden Jahre prognostiziert der Internationale Währungsfonds (IWF) Angola ein reales Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) zwischen 3 und 4 Prozent. Die Economist Intelligence Unit (EIU) rechnet im Zeitraum 2024 bis 2026 sogar mit Werten zwischen 4 und 5 Prozent. Ursache sind vor allem die gestiegenen Preise für das Hauptexportprodukt Rohöl. Neue Investitionen in den Öl- und Gassektor können außerdem ein weiteres Absinken der Fördermenge stoppen.

Nach fünf Jahren abnehmender Wirtschaftsleistung konnte Angola 2021 wieder ein leichtes Wachstum des BIP um 0,7 Prozent verzeichnen. Die Trendumkehr hat auch die öffentliche Verschuldung, die 2020 mit 136,8 Prozent des BIP einen Höhepunkt erreicht hatte, unter die Schwelle von 100 Prozent sinken lassen. Die Verschuldungsquote lag im Jahr 2021 bei 86,3 Prozent. Größter bilateraler Gläubiger Angolas ist China, auf das etwa 40 Prozent der Auslandsschulden entfallen. Der Staatshaushalt hängt wesentlich von den Öleinnahmen und damit den globalen Preisentwicklungen ab. Deshalb bleibt das Risiko einer Schuldenkrise latent bestehen. Entspannung würden mehr öffentliche Einnahmen aus alternativen Wirtschaftssektoren bringen.

Im August 2022 stehen in Angola Parlamentswahlen an, bei denen auch der Staatspräsident bestimmt wird. Erwartungsgemäß hat dies den Abbau von Subventionen und eine weitere Verbreiterung der Steuerbasis gebremst. Unabhängig vom Wahlergebnis dürften die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte und die Diversifizierung der Wirtschaft aber mittelfristig auf der Agenda bleiben.

Wirtschaftliche Entspannung erschwert Reformprozess

Kurzfristig nimmt die rohstoffgetriebene Konjunkturwelle viel Druck von der Regierung. Das birgt allerdings die Gefahr, dass notwendige Reformen, die das Land resistenter gegen externe Schocks machen würden, nicht in der gleichen Intensität weiterverfolgt werden. Zu dem breiter angelegten Neuordnungsprozess der letzten Jahre gehören neben der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte der Verkauf staatlicher Unternehmen und die Diversifizierung der Wirtschaft sowie die Korruptionsbekämpfung.

Investitionen: Öl und Gas sind wieder in

Ein hohes Ölpreisniveau macht Investitionen in die vergleichsweise teure Offshore-Förderung vor der angolanischen Küste wieder lohnenswert. Neue Investitionen von Erdölkonzernen wie Total, BP und Eni unterstreichen dies. Traditionell fließt der größte Teil der Investitionen in Angola in die Erdölgewinnung. Vorläufigen Angaben der angolanischen Nationalbank zufolge hatten ausländischen Direktinvestitionen im Ölsektor im Jahr 2021 einen Anteil von 82,8 Prozent mit knapp 7,7 Milliarden US-Dollar (US$). Zur Diversifizierung der Wirtschaft trägt dies allerdings kaum bei.

Die Erweiterung auf alternative Energieträger wie grünen Wasserstoff könnte hier neue Impulse bringen. Ein gemeinsames Projekt der staatlichen angolanischen Ölgesellschaft Sonangol mit den deutschen Unternehmen Conjuncta und Gauff ist im Juni 2022 mit einem Memorandum of Understanding in die konkrete Planungsphase eingetreten. Mit dem Privatisierungsprogramm PROPRIV, das die Veräußerung von 195 Unternehmen in den Jahren 2018 bis 2022 vorsah, ist die Regierung in Luanda nicht wie beabsichtigt vorangekommen. Der Verkauf verläuft schleppend. Zum Teil sind die angebotenen Unternehmen nicht profitabel und daher für Investoren kaum attraktiv.

Konsum: Keine Härten im Wahljahr

Die Inflationsrate wird in Angola nach Prognosen des IWF 2022 mit 23,9 Prozent nur knapp unter dem Wert von 2021 liegen (25,8 Prozent). Um die Belastung für die einkommensschwachen Bevölkerung einzudämmen, hat die Regierung im Oktober 2021 die erst vor kurzem eingeführte Mehrwertsteuer von 14 auf 7 Prozent gesenkt. Außerdem hat sie den Mindestlohn um 50 Prozent erhöht. Für 2023 erwarten Finanzexperten ein Inflationsniveau von 11 bis 13 Prozent.

Die Landeswährung Kwanza ist seit Beginn des Jahres 2022 rund 20 Prozent gegenüber dem US$ gestiegen. Der steigende Kurs im Zuge der erhöhten Nachfrage nach Erdöl hilft dabei, die Preise auf dem angolanischen Markt im Zaum zu halten. Neben Wechselkursänderungen lassen auch Störungen globaler Lieferketten Verbraucherpreise steigen. Angola importiert einen großen Teil der benötigten Vorprodukte und Nahrungsmittel. Daher wirken sich globale Ungleichgewichte in der Güterversorgung ebenso schnell auf die Konsumentenpreise aus wie Wechselkursänderungen. Auch hier kommt Angola derzeit die Lage auf den Weltenergiemärkten zugute, die den Anstieg der Nahrungsmittelpreise zum Teil kompensieren kann.

Außenhandel: Angola profitiert von Rohstoffknappheit

Über 80 Prozent der Exporte Angolas entfallen auf Rohöl. Mit den Weltmarktpreisen schwingt daher auch das in Geldeinheiten gemessene Exportvolumen auf und ab. Dem starken Einbruch 2020 folgte 2021 ein bis heute anhaltender Trend nach oben. Die Bilanz bleibt trotz der ebenfalls gestiegenen Importe weiter positiv. Andere wichtige Ausfuhrgüter sind mit Erdgas und Diamanten ebenfalls Rohstoffe. An der Spitze der Einfuhren standen 2021 Maschinen und Elektrogeräte mit einem Anteil von 24 Prozent vor Nahrungsmitteln (17,5 Prozent) und Brennstoffen (16,2 Prozent).

Wichtigstes Lieferland Angolas ist seit 2018 China, das damit Portugal abgelöst hat. Die ehemalige Kolonialmacht lag 2021 vor Indien, Togo und Brasilien auf dem zweiten Platz. Deutschland taucht unter den Herkunftsländern angolanischer Importe mit 181 Millionen US$ erst an 19. Stelle auf. Etwas mehr als zwei Drittel der Erdölexporte gehen nach China, dem mit Abstand größten Zielland angolanischer Ausfuhren. Weit dahinter folgen Indien, Thailand und Italien.

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